Pregabalin bei Ischiasschmerz in Studie ohne Wirkung
Das Antiepileptikum Pregabalin, das zunehmend zur Behandlung neuropathischer Schmerzen eingesetzt wird, hat in einer Placebo-kontrollierten Studie keine Linderung von Ischiasbeschwerden erzielt. Es kam jedoch laut der Publikation im New England Journal of Medicine (2017; 376: 1111–1120) häufiger zu Nebenwirkungen.
Das GABA-Analogon Pregabalin, das ursprünglich als Antikonvulsivum eingeführt wurde, ist in den letzten Jahren zu einem wichtigen Medikament zur Behandlung neuropathischer Schmerzen geworden. Der Einsatz bei der diabetischen
Polyneuropathie oder der postherapeutischen
Neuralgie gilt mittlerweile als evident-basiert. Für die
Ischialgie, die aufgrund ihrer Pathogenese – eine Druckschädigung am Austritt aus der
Wirbelsäule – durchaus als neuropathischer Schmerz gedeutet werden kann, gilt dies nicht. Die Nationale Versorgungs-Leitlinie Kreuzschmerz lehnt den Einsatz von Pregabalin (und anderer Antiepileptika) wegen eines fehlenden sicheren Wirksamkeitsnachweises ab. Gleichwohl dürfte es sich auch in Deutschland um eine häufige Off-Label-Indikation handeln.
Angesicht der starken Beschwerden, die eine
Ischialgie auslöst, mag die Verordnung von nicht erprobten Substanzen verständlich sein. Am Ende könnte sie den Patienten jedoch mehr schaden als nutzen. Bereits in einer früheren randomisierten klinischen Studie, die die Behandlung auf Patienten beschränkte, die in einer Probephase auf Pregabalin ansprachen, wurde später im direkten Vergleich keine bessere Wirkung als unter Placebo erzielt. Fast jeder zehnte Patient brach die Studie wegen Nebenwirkungen des Medikaments ab (Pain 2010; 150: 420–7).
Auch in der aktuellen Studie verfehlte die Behandlung mit Pregabalin die erhoffte Wirkung. An der Studie nahmen 207 Patienten teil, die seit
median 63 Tagen unter einer
Ischialgie litten, die zu 80 Prozent durch eine Wurzelkompression in L5 oder S1 ausgelöst wurde. Etwa ein Drittel hatte motorische Ausfälle, und zwei Drittel hatten Schmerzen beim Strecken des Beines. Die Patienten wurden auf eine achtwöchige Behandlung mit Pregabalin oder Placebo randomisiert. Die Pregabalin-Dosis betrug anfangs 150 mg pro Tag, durfte allerdings bei Bedarf und Verträglichkeit auf bis zu 600 mg pro Tag erhöht werden. Primärer Endpunkt war die Schmerzintensität auf einer numerischen Skala von 0 (schmerzfrei) bis 10 (maximaler Schmerz).
Wie das Team zum Christine Lin vom George Institute for Global Health in Sydney berichtet, kam es sowohl unter Placebo als auch unter Pregabalin am Anfang zu einer leichten Linderung der Schmerzen. Im gesamten Verlauf der Behandlung gab es jedoch keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Die Schmerzintensität wurde am Ende von der Pregabalin-Gruppe mit 3,7 von 10 und in der Placebo-Gruppe mit 3,1 von 10 angegeben. Die bereinigte mittlere Differenz von etwa 0,5 Punkten war bei einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von -0,2 bis 1,2 nicht signifikant.
Auch nach dem Abschluss der Behandlung gab es keine signifikanten Unterschiede. Eine langfristige Wirkung von Pregabalin, etwa durch die allmähliche Erholung der druckgeschädigten
Nerven, war nicht erkennbar. Nach 52 Wochen lag die Schmerzintensität in der Pregabalin-Gruppe bei 3,4 von 10 Punkten und in der Placebo-Gruppe bei 3,0 Punkten. Die bereinigte mittlere Differenz von 0,3 Punkten verfehlte mit einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von -0,5 bis 1,0 Punkten erneut das Signifikanzniveau.
Die Behandlung mit Pregabalin war nicht ohne Nebenwirkungen. In der achtwöchigen Therapiephase wurden bei 68 Patienten 227 Ereignisse gezählt. In der Placebo-Gruppe wurden 124 Ereignisse bei 43 Patienten gezählt. Die häufigsten Nebenwirkungen von Pregabalin waren Schwindelgefühle, über die fast 40 Prozent der Patienten klagten.
Quelle:
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/ ... ne-Wirkung